Speisen und Begegnen
Die Geschichte der Schiffergesellschaft Lübeck
Erleben Sie 500 Jahre Lübeck
Die Schiffergesellschaft Lübeck ist Restaurant und Institution zugleich. Im ehemaligen Gildehaus im Herzen der Lübecker Altstadt wurde die Seefahrt geprägt wie an kaum einem anderen Ort. Seit der Gründung der Schiffergesellschaft vor gut 500 Jahren ist viel Wasser die Trave hinuntergeflossen: Wo früher die Schiffer der Hansestadt zusammenkamen, um Geschäfte zu machen, gemeinsam zu essen oder auf erfolgreiche Seereisen anzustoßen, genießen Gäste heute gutbürgerliche Küche mit jungem Twist.
Seit knapp 150 Jahren steht das Haus der Schiffergesellschaft Alteingesessenen und Besuchern als Restaurant zur Verfügung. Die große Halle ist über die Jahrhunderte fast unverändert geblieben. Andere Räume, wie das Kapitäns-Zimmer oder der Kapitäns-Salon, haben die Tradition gemütlich durch die Zeit getragen. Heute freuen wir uns, eine moderne Küche anbieten zu können, die sich mit dem hanseatischen Flair des historischen Gebäudes auf das Wunderbarste ergänzt.
Gründung & Entstehung der Schiffergesellschaft: 1401 bis 1538
Die Schiffergesellschaft an der Breiten Straße (Ecke Engelsgrube) wird bereits 1229 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Das Haus steht bis heute in der Breiten Straße 2 in der Lübecker Innenstadt, ist in der Zwischenzeit jedoch mehrfach saniert und technisch wie statisch auf den aktuellsten Stand gebracht worden. Geblieben ist die historische Fassade der Schiffergesellschaft, die schon aus der Ferne ins Auge sticht.
Am 26. Dezember 1401 wird die Schiffergesellschaft als „Sankt Nikolaus Bruderschaft“ in Lübeck gegründet – „zu Hilfe und Trost der Lebenden und Toten und aller, die ihren ehrlichen Unterhalt in der Schifffahrt suchen“. Seither versteht sie sich als Standesorganisation für alle Kapitäne, Matrosen sowie andere Seefahrer, hat sich in den folgenden Jahrhunderten jedoch noch wesentlich weiterentwickelt.
Um das Jahr 1530 kommt es im Rahmen der Reformation zu Zusammenschlüssen verschiedenster Bruderschaften. Aus der Sankt Nikolaus Bruderschaft und der Sankt Annen Bruderschaft wird die „Schippern Selshup“. Fortan besteht eine Pflicht zur Mitgliedschaft für alle Lübecker Seefahrer.
Zwischen 1535 und 1538 kauft die Gesellschaft das bis heute erhaltene Gebäude in der Altstadt von Lübeck. Durch umfassende Sanierungsarbeiten und den Kauf benachbarter Grundstücke erweitert sie ihren Besitz.
Verabschiedung des hanseatischen Seerechts: Die Schiffergesellschaft nach 1614
Bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts ist die Schiffergesellschaft eine reine Standesorganisation. Noch vor Verabschiedung des hanseatischen Seerechts führt sie wichtige Neuerungen ein: So gibt es Schiffspässe und Steuern, die Gesellschaft beantwortet rechtliche Fragen und erfüllt verschiedene Schlichtungsaufgaben für ihre Mitglieder.
1866 wird der Zunftzwang aufgehoben. Nun gibt es für Lübecker Schiffer keine Pflicht mehr, Mitglied in der Schiffergesellschaft zu sein. Der damit einhergehende Mitglieder-Verlust führt zu finanziellen Einbußen, die erhebliche Schulden zur Folge haben.
1866 bis heute: Die Schiffergesellschaft als Treffpunkt und Restaurant
Hochverschuldet sieht sich die Schiffergesellschaft gezwungen, Teile des ehemaligen Gildehauses für die öffentliche Nutzung zu verpachten. Zwar bleibt das Haus beliebter Treffpunkt für Seefahrer, nun haben aber auch andere Bürger der Hansestadt die Möglichkeit, dort einzukehren.
1869 wird die bis heute gültige Satzung der Schiffergesellschaft Lübeck entworfen. Sie besagt unter anderem, dass Bewerber mindestens das Kapitänspatent auf Großer Fahrt vorweisen müssen, um Mitglied der Gesellschaft werden zu können. Gleichzeitig muss ihr Hauptwohnsitz in Lübeck und Umgebung liegen.
Zwischen 1933 und 1976 kommt es zur Gemeinnützigkeit und anschließender Restaurierung des Gebäudes in der Breiten Straße. Seitdem ist die ehemalige Bruderschaft ein Verein mit allen Rechten und Pflichten, das Haus selbst ist seit Mitte 2015 an die EngelHöhne oHG verpachtet.
Historisch
Die fünf Herrlichkeiten des Reiches
1375 – Kaiser Carolus, heute bekannt als Karl IV., hatte sein Reich umfassend bereist, als es ihn zum Ende der Reichstournee nach Lübeck zog, nicht jedoch ohne seine Entourage aus Bischöfen, Grafen und Herzogen und natürlich nicht ohne die Kaiserin samt eigener Entourage. Vor den Toren angekommen, sind Kaiser und Kaiserin aufs Pferd umgestiegen, um die Stadt zu erkunden. Es war ein Jahrhundert-Ereignis! Mönche empfingen den Kaiser am Burgtor, Gesang begleitete Sie auf dem Weg in die Stadt, vornehme Damen und Jungfern, alle in feinster Seide und reich geschmückt, säumten den Weg, die Straßen waren frisch gefegt, fast wollte man meinen, das Wetter wurde eigens für diesen Tag hergerichtet.
Dem damals 59jährigen Kaiser wurde ein pompöser Empfang bereitet, doch auch die schönste Party hat ein Ende und es kommt eine Zeit der Ruhe, die Kaiser und Kaiserin getrennt verbrachten. Nicht ganz getrennt, denn zwischen dem Travelmannschen Haus, heute Löwenapotheke, und dem Haus gegenüber auf der anderen Seite der heutigen Königsstraße, in dem der Kaiser residierte, hatte der Rat der Stadt eine hölzerne Brücke bauen lassen, die vom Fenster des Kaiserlichen Schlafgemachs zum Fenster Kaiserin Elisabeths reichte. Die Brücke war reich verziert und gut besucht. Das neugierige Volk versammelte sich allabendlich unter der Brücke, um den Besuchen Carolus’ bei seiner Kaiserin beizuwohnen. In der Nacht, so wird berichtet, brannten während des Besuches des Kaisers so viele Lichter, dass es taghell war. Lübeck war für die Zeit des kaiserlichen Besuchs zum Sommernachtstraum geworden.
Auch für den Kaiser muss diese Zeit eine ganz besondere gewesen sein. Seine Dankesworte waren reich geschmückt, als er vor den Rat der Stadt trat, um sich für den Empfang zu bedanken. Er sprach den Rat mit „Herren“ an, damals eine ganz besondere Ehre, zuviel der Ehre für den Bürgermeister Pleskow, der den Kaiser bat, ihn als Untertanen zu behandeln. Der Kaiser sagte darauf: „Die alten Verzeichnisse Unserer Tresekammer, von Unseren in Gott ruhenden Vorfahren her, weisen auf, daß diese Stadt eine von den fünf Herrenstädten des Reichs ist, und daß ihre Rathspersonen zu den Schöffen und Räthen des Kaisers gehören, die zu Ihm eingehen mögen, wann es ihnen gefällig; wie auch Eure Vorfahren gepflegt haben.“
Diese ehrenvolle Auszeichnung nennt Lübeck in einem Atemzug mit Florenz, Rom, Venedig, und Pisa – Städten, die für ihre Schönheit und Tradition berühmt sind.
Nur 26 Jahre vor Gründung der Schiffergesellschaft hatte unser wunderschönes Lübeck durch seine Qualitäten das Ansehen und Wohlwollen seines Kaisers gewonnen. Qualitäten, die sich Lübeck bis in die Gegenwart bewahrt hat.
Zu Zeiten Kaiser Karls IV, war Lübeck mit 30-tausend Einwohnern die zweitgrößte Stadt im Deutschen Raum. An Größe ist Lübeck überholt worden, die Schönheit haben wir uns bewahrt. Im Geist wie in der Architektur.
Die Geschichte der Schiffergesellschaft
Von 1229 bis heute
1229
1401
Gründung der Schiffergesellschaft als Skt. Nicolaus Bruderschaft. Ihr Zweck: „Zu Hilfe und Trost der Lebenden und Toten und aller, die ihren ehrlichen Unterhalt in der Schifffahrt suchen.“
um 1530
Zur Zeit der Reformation kämpfen die Bruderschaften um ihre Existenz. Die St. Annen- und die Skt. Nicolaus-Bruderschaft schließen sich zu einer Standesorganisation für Seeleute zusammen. Sie nennen sich „Schippern Selshup“.
1535
1538
1614
Das Hansische Seerecht wird verabschiedet. Die Schiffergesellschaft ist eine Institution in Lübeck und verantwortlich für Schiffspässe, Schiffstaxen, Rechtsfragen, Schlichtungsaufgaben und Bewachung des Hafens.
1866
Der Zunftzwang wird aufgehoben. Die Schiffergesellschaft verliert Mitglieder und damit dringend notwendige Einnahmen. Es fällt der Beschluss, Teile des Gebäudes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und als Restaurant zu verpachten.
1869
Eine neue und bis heute gültige Satzung wird entworfen und verabschiedet. Sie verfügt, dass Mitglied der ‚Schiffergesellschaft‘ nur werden kann, wer das Kapitänspatent auf Großer Fahrt hat und in Lübeck oder Umgebung wohnen.